"Lotte's gelbe Glocke"

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Sonntag, 29. Mai 2011, 18:07

 

"Lotte's gelbe Glocke"


Ein großer Mann wässerte den Garten. Seine Kleidung war einfach und sauber.

"*Herr Lehrer!"
"*Herr Lehrer!!"

Der Mann schaute auf, als die zwei Kinder ihn riefen.

"Ja? Was ist denn?"
Der Mann, den sie Lehrer nannten,

kniete sich hin und schaute den kleinen Jungen durch seine Brille prüfend an.

 

"*Herr Lehrer, wann kommt Lotte zurück?"
Ein kleines Mädchen hatte die Frage gestellt. Sogar aus der Entfernung sah ich,

wie sich das Gesicht des Mannes verfinsterte..

 

"*Herr Lehrer, wird Lotte je zurückkehren?"
Der kleine Junge schaute erwartungsvoll aber der Lehrer presste nur seine Lippen zusammen. Mehr Kinder kamen herbei, mit fragenden Gesichtern. Ihre weißen Hemden waren verschlossen. Ich konnte mir vorstellen, dass sich auch Lotte, mit ihrer gelben Glocke, dazugestellt hätte. Es schien, dass diese Kinder keine Eltern haben. Sie lebten mit dem Mann, den sie Lehrer nannten, in dem großen einfachen Haus.

 

"*Wo ist sie so lange? Sie war ja schon mal weg, aber.."
Der Lehrer murmelte eine Entschuldigung, doch die Kinder beruhigten sich nicht.

 

"*Wir wollen wieder mit Lotte spielen!"

 

"*Vielleicht ist sie krank."

 

"*Oder verletzt!"

 

"*Ich wette, sie vermisst uns."

 

"*Sie muss uns vermissen!"

 

Sorge breitet sich aus. Dann fragte der Lehrer sie:
"Macht es euch traurig, zu denken, dass Lotte einsam ist?"

 

"*Natürlich!"

 

"*Wir vermissen sie!"

 

Der Lehrer nickte und sprach:
"Würde Lotte wissen, wie sehr ihr sie vermisst, dann würde sie traurig werden. Richtig?"
Seine Stimme war sanft.

In sicherer Entfernung wurde ich zögerlich. Ich wusste, dass Lottes gelbe Glocke zu diesem Waisenhaus gehörte, daher war ich hier. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass dieser Platz ihr eine Familie war.
Wen würde es kümmern, wenn sie wegblieb?

Beruhigt gingen die Kinder wieder ihren Spielen nach. Ein Mädchen aber blieb zurück. Ein Mädchen mit Locken und Sommersprossen.
"*Aber wir sind..*"
Das Mädchen stockte und starrte auf seine Füße.
"*Wir sind alle traurig, auch wenn Lotte nicht einsam ist."

 

Der Lehrer legte dem Mädchen die Hand auf den Kopf.
"Ich glaube, es gibt Dinge, die man nicht ändern kann."

 

"*Ich weiß was sie nachts machen!"
Platzte das Mädchen heraus.
"*Wenn Sie wirklich glauben würden, dass man nichts ändern kann, dann würden Sie nicht jede Nacht nach Lotte suchen, wenn wir im Bett sind!"

 

Der Lehrer legte ihr schnell den Finger auf den Mund.
"Wir machen uns alle schon genug Sorgen."
"*Ich mache mir jetzt mehr Sorgen um Sie!"

 

Der Mann nickte dem Kind mit einem traurigen lächeln zu.
"Ich weiß. Und es tut mir leid."

 

Er hielt noch immer den Gartenschlauch in der Hand, als er gen Himmel sprach:
"Ehrlich, ich sorge mich nicht um Lotte. Sie wird sicher auch außerhalb diser Mauern überleben. Alles was zählt, ist dass sie zu unserer Familie gehört. Auch sie wird diese Worte schätzen, weil die Familie, die wir hier haben, die einzige ist, die wir jemals hatten. Was mich betrifft, sind wir Lottes Familie und so lange sie das weiß, wird alles gut sein."

Die Nacht brach an und die Lichter im Waisenhaus erloschen.
Langsam kroch ich aus dem Schatten des Waisenhauses hervor.
Als der Lehrer mich sah, blieb er wie angewurzelt stehen.
Das Licht des Vollmondes verwandelte mich völlig.
Ich klingelte mit der Glocke, das einzige worauf ich mich verlassen konnte.

"Lotte? Bist du das?"
Ja. Ja! Ich bins, Lotte.
"Du bist also bereit, nach Hause zurückzukehren?"
Aber ja! Natürlich nur, wenn du mich willst.

Drinnen im Waisenhaus versuchte das Mädchen mit den Sommersprossen, die Kinder zu trösten, die den Lehrer vermissten. Schon seit Tagen hatte sie Nachts seinen Platz eingenommen. Das kleine Mädchen an sich drückend, kündigte der Lehrer allen Kindern, der ganzen Familie, meine Rückkehr an.

Ich bin Lotte. Lotte mit der gelben Glocke.
Ein freundliches Mitglied dieses Waisenhauses und einer Familie,

wie sie größer nicht sein könnte.

(Fortsetzung folgt...)

 

 

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